Am 20.12.1955 schloss die Bundesrepublik Deutschland das erste Anwerbeabkommen mit Italien für so genannte „Gastarbeiter“ ab. Es folgten Übereinkommen mit Griechenland, Spanien, der Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien und dem ehemaligen Jugoslawien. 1964 kam Armando Rodrigues, der millionste Gastarbeiter, aus Portugal nach Deutschland und erhielt als Begrüßungsgeschenk ein Moped vom damaligen Bundesinnenminister Hermann Höcherl. Im Jahr 1973 kam es zum Anwerbestopp.
Seither entstanden thematisch verschiedene Werke „ihrer Kinder“ in Bild und Ton – zwischen Schlager, Rock, HipHop & Gesprochenem. Bei einigen dieser Künstler sind die Botschaften in der Populärkultur angekommen und zeigen die gespaltene Situation von der Integration bis hin zum Rassismus in der Bundesrepublik.
Udo Jürgens – Griechischer Wein (1974).
„Es war schon dunkel, als ich durch Vorstadtstrassen heimwärts ging.
Da war ein Wirtshaus, aus dem das Licht noch auf den Gehsteig schien.
Ich hatte Zeit und mir war kalt, drum trat ich ein.
Da saßen Männer mit braunen Augen und mit schwarzem Haar.
Und aus der Jukebox erklang Musik, die fremd und südlich war.
Als man mich sah, stand einer auf und lud mich ein.
Griechischer Wein ist so wie das Blut der Erde.
Komm schenk dir ein, und wenn ich dann traurig werde,
liegt es daran, daß ich immer träume von daheim,
du mußt verzeihen.“
Cem Karaca – Es kamen Menschen an (1984).
Man brauchte unsere Arbeitskraft
Die Kraft, die was am Fließband schafft
Wir Menschen waren nicht interessant
Darum blieben wir euch unbekanntSolange es viel Arbeit gab
Gab man die Drecksarbeit uns ab
Doch dann als die große Krise kam
Sagte man, wir sind schuld daranIhr wollt nicht unsere Kultur
Nicht mit uns sein – ihr wollt uns nur
Als fremde sehn – so bleiben wir
Unbekannte dort wie hierEs wurden Arbeiter gerufen
Doch es kamen Menschen an
Fresh Familee – Ahmet Gündüz (1991).
„Mein Name ist Ahmet Gündüz. Lass mich erzählen euch! Du musst schon gut zuhören ich kann nicht sehr viel deutsch! Ich komm von die Türkei, zwei Jahre her und ich viel gefreut, doch Leben hier ist schwer. In Arbeit Chef mir sagen, Kanacke hey wie gehts? Ich sage „Hastirlan“ doch Arschloch nichts verstehn‘. Mein Sohn gehen Schule kann schreiben jetzt. Lehrer ist ein Schwein, er gibt ihm immer sechs. Gestern ich komm von Arbeit. Ich sitzen in der Bahn. Da kommt ein bessoffen Mann und setzt sich nebenan. Der Mann sagt:“Öhf, du Knoblauch stinken!“. Ich sage:“Ach egal, du stinken von Trinken!“
Nun den Spaß beiseite hör gut zu was ich meine. Lass und jeden jeder sein, lass jedem doch das Seine. Ich kann das gut verstehn‘, wir haben andere Sitten. Ich weiß du magst es nicht. Ich möchte dich doch bitten, das alles zu verstehen – in den Spiegel mal zu sehen und wenn du siehst du bist perfekt, dann werd‘ ich es verstehen. Wenn du sagst Ausländer sind peinlich, Ausländer sind dreckig. Vorurteile hin und her – nur Deutsche sind sympathisch?“
Advanced Chemistry – Fremd im eigenen Land (1992).
„Ignorantes Geschwätz, ohne End, dumme Sprüche, die man bereits alle kennt!
Ey, bist Du Amerikaner oder kommste aus Afrika?
Noch ein Kommentar über mein Haar, was ist daran so sonderbar?
Ach, Du bist Deutscher, komm’, erzähl’ kein’ Scheiß! Du willst den Beweis?
Hier ist mein Ausweis: Gestatten sie, mein Name ist Frederik Hahn.
Ich wurde hier geboren, doch wahrscheinlich sieht man es mir nicht an.
Ich bin kein Ausländer, Aussiedler, Tourist, Immigrant,
sondern deutscher Staatsbürger und komme zufällig aus diesem Land.“
„Schwarzfahrer“ – Ein Kurzfilm von Pepe Danquart (1992).
Main Concept – Zwischen 2 Stühlen (1995).
„Ich leb in einem Land, das nicht meine Heimat ist,
doch meine Heimat ist, ich weiß das nicht so ganz gewiss,
ich hab zwar einen deutschen Pass und ich kam hier auf diese Welt,
doch hat es sich in 18 Jahren noch nicht rausgestellt,
was ich bin: Deutschmann oder Ausländer,
ein Cosmopolit oder ein Nichts oder halt ein Fremder!?
Hmm- ich weiß es nicht doch irgendetwas muss ich sein,
ein Mischmasch- will mich von strikter Definition befrei´n,
doch nicht hier in Deutschland ordnet man alles in eine Spalte, doch ich halte mich mit so nem Scheiß nicht auf und so pralle ich auf Unverständnis, denn ein mittendrin gibt es in diesem Land nicht, also sag mir was ich bin!?“
„Afrodeutsch“ – ein Kurzfilm von Tyron Ricketts (2001).
Brothers Keepers – Adriano (2001).
„Denk‘ ich an früher war der Widerstand noch eher müde
Heut gibt’s genügend Brüder mit der rechten Attitüde
Geben sich Mühe um den Sprung zur Macht zu schaffen,
indem sie VWL, BWL, Jura zur Berufung machen.
In allen Sprachen, den Erleuchteten gefriert das Lachen.
Ist das Erwachen die Veränderung im Jahr des Drachen.
60 Millionen Sklaven von denen es 8 Millionen schafften.
Die besten sind jetzt unter euch; ich hoffe für euch zu verkraften.“
Maeckes feat. Cem Karaca und Marlon – Integration (2007).
Samy Deluxe – Dis wo ich herkomm (2009).
Harris – Nur ein Augenblick (2012).
„Wieso wohnst du in diesem Land über 10 Jahre?
Vielleicht länger und sprichst trotzdem nicht die deutsche Sprache?
Du sagst Deutsche sind scheiße, Deutsche Frauen sind Dreck
Tu Deutschland bitte einen Gefallen und zieh weg
Dieses Land braucht keine Menschen die ihr nicht sein wollt
Es gibt genug Menschen, die nicht wissen wo sie sein sollen
Du hast Glück, bist jetzt hier also benimm dich
Mach deine Arbeit, werd erwachsen, sein nicht kindisch
Egal Türkisch, Afrikanisch, Arabisch oder Indisch
Wenn du nicht weißt wo der Flughafen ist – ich bring dich
Bezahl dir deinen Flug und Souvenirs, okay
Da wo du dann bist kriegst du nach Deutschland bestimmt Heimweh
Ich glaube manche wissen gar nicht, wie gut sie es hier haben
Ich denke mal da wo du herkommst hast du gar nichts zu sagen
Schäm dich über Deutschland so schlecht zu reden
Wenn du genau drüber nachdenkst ist es schön in Deutschland zu Leben.“
Celo & Abdi – In meinem Land (2012).
„Manchmal stell ich mir vor, wie wäre mein Leben in Nador
Statt Airmax barfuß, morgens Hunger, statt Cartoons.
Kein Hachun, kein Gulasch, nur Emenia nur Sippi nur Churats.
Kein Tupac, sondern Ace of Base „all that she wants“ statt „Cush“ von Drake.
Kein Audi A8 leur, sondern gib ihm bös kickdown auf Ezel.
Kein Rugby Ralph Lauren Polo, und ein gefälschtes Barcelona Trickot.
Marokko, dritte Welt, Cousin aus Düsseldorf schick mir bitte Geld
Kids bedenkt, was euch belosert, seit froh man – denn ihr lebt in Europa.“
Hayata & Matondo – Ausländer raus (2013).