#TheArtOfTheState 03/15 – „Ich, du, der alte Hund Hip Hop und dieses Internet“.

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März 2015. Was soll ich sagen – ich denke mal ich zitiere vorab den werten Herrn Dendemann: „Hol tief Luft, Mann, du wirst sie brauchen / wir gehen jetzt Tiefseetauchen“ – es wird etwas deeper, aber es ist wie immer „ich sag schon nicht mehr Hallo ich sag immer erst Entschuldigung“ *Textorvoice*

Schlaue Leute sagten neulich mal wir müssten ein neues Weltzeitalter einführen, da wir Menschen nun massive Veränderungen an der Erdgeschichte vornehmen können – unumkehrbare Veränderungen sogar. Schwupps, das Anthropozän war geboren. Zergliedern wir dieses Wort doch mal, wie die Nadel den Vocalcut. Die jute Tante Wiki spuckt folgendes dazu aus: Das Anthropozän ist „das menschlich gemachte Neue“. Aber wieso erzähl ich euch dit jetzt?
Ganz einfach um dem geschätzten Kollege Falk Schacht ein klitzeklein wenig zu widersprechen bzw. vielmehr um seine Position zu ergänzen.

„Eine Ansage an meine Generation“ (2015).

Ich bin ganz auf seiner Seite, wenn er sagt, wir alten Katzer & Kätzinnen müssen mit den Jungkatzer reden. Ohne Herablassung, ohne falsche Verklärung der Vergangenheit. Rumtorchen ist nicht fresh – aber! ich will (und kann) einfach nicht alles total töfte finden.

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Fenster auf zum Ursprungswort, ich würde sagen wir müssen definitiv noch ein weiteres Erdzeitalter benennen, nämlich das Socialmediazän. Denn unsere Kommunikation hat sich grundlegend verändert. Und dieses Wir reicht von dir zu mir bis hin zum Torch. Also von angegrauten HipHop-Traditionshüterschamanen bis hin zu dem bartlosen Maler an der Ecke, der nur wenig Liebe für die Alten Schulen hat. Ein neues Wir. Also komm mit mir und wir treten mal auf das Wissen ein.

Klar sind diese Kommunikationswege mehr als schnuckig und vieles macht auch richtig Bock, aber immer dann wenn Häme & Gossip mal immer die Sieben würfelt kotzt auch der langmütigste Fritz im Strahl. True Story. Und keine Sonne am Himmel.

Man kann die Klangfarben der Twitterklaviatur perfekt für solche hintergründigen Dinger wie den perfekten Social Media-Fakestunt aka das #ozert nutzen oder die Netzgrammtik komplett nicht verstehen und eine derb unentspannte Show abliefern, wie der (ex-)symphatische Nico Suave neulich bei Disslike erschreckend eindrücklich unter Beweis stellte.

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Und ja, eigentlich müsste ich auch noch einen anderen grenzwärtigen Ausfall kommentieren, aber da der eiserne Besen eh schon prophylaktisch den Szenenwillen durchsetzte, mach ich’s nicht weiter zum Thema. Denn ich würde eigentlich lieber auf eine andere Geschichte zurückkommen, die ich persönlich spannender finde. Manch einer wird jetzt sagen, ist doch jetzt voll Februar 2015. Bleib mir weg mit dieser antiken Scheisse. Richtig! In dieser überbeschleunigten Netzzeit fühlt sie sich überraschenderweise schon richtig alt an. Diese Schweinejagd, welche nach einem Bildpost von BSH eröffnet wurde.

Ihr erinnert euch noch?

An dieses garstige Anschauungsbeispiel für homophobe Deppen(kommentar)kultur in den sozialen Hetzwerken? Was passierte nach dem Post? Naja, die einen sagten „alles total ironisch, sei doch auch mal ein bisschen Charlie“, anderen witterten wieder mal diese böse Hiphopgedankenpolizei, die doch nur dieses Männerbiotop Hip Hop kaputt machen will! Im Protest malten sich die Trollenden pinke Maskulintattoos auf ihre Kinderhändchen, frassen der Schwester die letzte Emma-Ausgabe weg und beteten inbrüstig zum großen Y-Chromosom!

Erinnert ihr euch?

Als sich damals(tm) manch einer an den Kopp fassten und sich etwas zweifelnd fragte, hatten wir diesen Dreck eigentlich nicht schon lange hinter uns?

Musik wegen Weibaz – Premium Edt. (2015).

Nee, haben wir wohl leider nicht. Klar, es war schon ein wirklich ein Wahnsinnsmove, das BSH nur mit einem Bild von zwo fakeknutschenden Heteros bewaffnet, all diese Trolle unter all diesen Brücke hervorlockte. Yap! Aber die parallel im Netz erscheinende, wirklich tiefsinnige und vor allem selbstkritische Auseinandersetzung von Elmo mit den ganzen Thema flog mal wieder unterm Radar. Leider. Dabei lud er wirklich mal zu einem echten Dialog ein und stiess mehr als nur eine Debatte an. Aber in den überbeschleunigten Tagen, wo man sich selten links und rechts von den aktuellen Shitgestürme umschaut, leider auch nicht untypisch.

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Fakt ist: Homophobes Gegurgel ist leider akut. Und auch der Sexismus, der für mich eh nur die andere Seite dieses reichlich kaputten Männerbilds ist, streckt häufig genug in den sozialen Hetzwerken sein hässliches Haupt ins Bild. Edgar Wasser versuchte zwar dieses uneingestandene Problem ironisch zu kommentieren, die Trolle blickten es aber nicht und liebten es. Plötzlich wurde seine bissige Abrechnung zu einer oft zitierten Hymne.

Sookie’s „Vorläufiger Abschiedsbrief“ wird leider auch langfristig ein brandaktueller Song und nicht wenige denken, dass es irgendwie richtiger wäre, wenn Ewa wieder das Mic aus der Hand und den Mund an den Schwanz legen sollte. [*]

Klar bediene ich mich jetzt der Zuspitzung, aber ganz ehrlich nicht wenige Kommentare waren stumpfer, härter und deutlich a-ironisch. Wer solche böse Worte nutzt? Hier zitiere ich gerne mal einen anderen geschätzten Kollegen, denn mit seiner Trollskizzierung „bis hin zum gehässigen YouTube-Kiddie mit offener Hose“ hat Marc Leopoldseder den Nagel einfach für immer versenkt.

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Ja, Falk mit den Kids reden ist super, bin vollkommen an deiner Seite. Aber wir alle sollten mit mehr Respekt miteinander reden. Und mit geschlossener Hose. Wenn ich mich mit Kids heute unterhalte werde ich diesen ollen Wert (Reizwort! Bäm!) nicht untern Tisch kehren. Und ich weiss‘, dass du (und tausende andere) da an meiner Seite bist und deshalb ist dies nur eine Ergänzung. Aber leider eine notwendige.
Du hast den ersten Stein ins rollen gebracht, nimm den hier mit und lass‘ sie zusammen auf die Trolle niederprasseln ;D Danach formen WIR ein O und machen die sozialen Netzwerken endlich wieder zu Austauschräumen, statt zu Laboren des Hasses. Lasst uns reden. Alle. Miteinander.

 

[*] Wer wirklich einen Blick in die Tiefe dieses Hasses werfen will, der sollte einfach mal kursorisch einen Blick in die Kommentare auf der Facebookseite von BSH riskieren.


Tl;dr:
Hip Hop hat ein neues Kofferwort: Homophase + Promophobia.


Portrait #Marcus Dewes.

[Gastkolumne] 

Der digitale Flaneur ist eine originale Oldschoolschleichkatze, straight outta Berlin-Neukölln.
Er fand Torch bereits vor Savas antik. Chillt immer noch mit A E I O U und hat schon mit Flashpunks herumgetobt als die Menschen noch seltsame Hüte und Uniformen trugen. Ein straighter Anhänger der Silonation, der schon den ein oder anderen Westwind geschnuppert hat. Inhaber eines grünen Passes mit einem golden Wookie drauf.

„Der Titel ist ein kleines Spielchen mit der Zuordnung von Worten. Nicht The State of the Art, also der Stand der Kunst, sondern The Art Of The State – also die Schönheit des Punches steht im Zentrum.“

Aufzufinden ist er in diesem Internetz unter @digitaleflaneur. Ab und an schreibt er auch wortreich auf derdigitaleflaneur.blogspot.de.

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